erschienen im Magazin „maßstäbe“ 5-2011
Eine sehr persönliche Reportage zum Phänomen der Schwerelosigkeit
Zum ersten Mal würde meine Familie beim Besuch des Phantasialands den mittelalterlich anmutenden Burgturm Mystery Castle nicht links liegenlassen. Bisher war mein Sohn Florian – gerade zehn Jahre alt geworden – zu jung, um sich, so der Originaltext auf der Homepage, „im Bungee Drop aus 65 Meter Höhe im freien Fall … in die dunkle Tiefe zu stürzen“. Ehrlich gesagt: Mir war das Verbot des Freizeitpark-Betreibers immer ganz gelegen gekommen. So hatte ich ohne weitere Begründung den Fallturm meiden können. Wer steht schon gerne vor seinen Kindern als Angsthase da?
Ich studiere das Schild neben dem schmalen Gang, der zum Turm führt: „Gute körperliche Verfassung, keine Höhenangst sowie Nervenstärke sind für diese Attraktion Voraussetzung.“ Zahlreiche Hinweise warnen etwa Schwangere, Menschen mit Rücken-, Nacken- oder Knochenproblemen oder mit kürzlich überstandenen Krankheiten. Mir wird flau im Magen. Kurz überlege ich, ob mir das Bluthochdruck-Warnzeichen einen einfachen Rückzug ermöglicht. Stattdessen höre ich mich verkünden: „Im Turm kann man Schwerelosigkeit erleben.“ Ich hätte wissen müssen, dass meine 12-jährige Tochter Clara diese Aussage nicht einfach hinnimmt. „Warum Schwerelosigkeit? Im Turm zieht uns doch die Schwerkraft nach unten.“